Oxkintok

Nach Palenque sind die Kinder gar nicht mehr zu stoppen, wollen mehr von den Geheimnissen der Maya wissen. Mehr durch Zufall entdecken wir Oxkintok. Anders als die berühmten Stätten wie Teotihuacan und Palenque, finden laut Gästebuch nicht mehr als 10 Personen pro Tag den Weg zu dieser zwar wenig berühmten aber keineswegs unbedeutenden Stätte. Während hier in den 1980/90er Jahren umfangreiche Ausgrabungen  stattfanden, liegen die Ruinen seit 20 Jahren im Dämmerschlaf. Ab und zu finden Ausgrabungen von europäischen und nordamerikanischen Unis statt, der mexikanische Staat hingegen verfügt nicht über die Mittel, die vielen tausend Ruinenstätten im ganzen Land zu bergen. Selbst bedeutende und teilweise recht gut erforschte Stätten wie z.B Palenque sind gerade einmal zu 5% ausgegraben. Und so stehen auch hier in Oxkintok die seit dem 3. Jh. nach Christi erbauten Tempel, Wohnanlagen, Saunahäuser, Statuen und Lagergebäude nahezu unbewacht und unbeachtet in der sengenden Sonne, einzig ein zweireihiger Stacheldraht hält Eindringlinge fern. Für uns, die es gewohnt sind, dass alles historisch Relevante erforscht, kartiert und dann hinter Glas gebracht wird, ist es unvorstellbar, dass solcherlei Schätze einfach so in der Landschaft stehen.

Wir sind keine 10 Minuten auf dem Gelände, da nähert sich uns ein Mann mit einem Ordner unter dem Arm, stellt sich uns als Martín vor, bietet seinen Service als Führer an. Normalerweise erkunden wir lieber selbst, hier allerdings haben wir das dringende Bedürfnis ein wenig die Arbeit, die hier geleistet wird, zu unterstützen. Martin erzählt uns Erstaunliches, z.B., dass die Maya noch vor den Arabern eine Vorstellung von der Zahl “Null“ hatten, dass die Mütter der Maya-Oberschicht ihren Neugeborenen Holzbretter vor die Stirn schnallten, um diese abzuflachen und den Kopf in eine konische Form zu zwängen. Dass „Schielen“ ein durchaus erstrebenswertes Schönheitsideal darstellte und man daher die Augen von Babies mit Objekten, die man ihnen vor den Augen baumeln lies, umlenkte, bis der erwünschte Effekt erzielt war. Mayas benutzten halluzinogene Pilze und andere Pflanzen, um sich in einen religiösen Trance zu versetzen, nutzten Dampfbäder zur rituellen Reinigung. Sie waren erstaunlich versierte Mediziner, nähten Wunden mit Fäden aus Menschenhaar, kannten Schmerzmittel und kultivierten Heilkräutergärten. Oxkintok liegt in einem sehr trockenen Gebiet. Um die Wasserversorgung sicherzustellen, erbaute man hier ein Zisternen- und Wasserleitungssystem, das auch heute noch erhalten ist. Fast wäre Max in einen nicht abgedeckten Schacht gefallen.

 

Einige der Gebäude in Oxkintok sind so gebaut, dass die Sonne zur Wintersonnenwende ihre Strahlen entlang einer bestimmten Flucht schickt. Die Fassaden der für diese Region typisch im Puuc Stil erbauten Gebäude sind aufwendig verziert, waren wahrscheinlich einst mit Naturfarben, hauptsächlich in Rot, Blau, Schwarz und Weiß bemalt. Im zentral gelegenen Satunsat, einem in seiner Art einzigartigem Gebäude, das über drei Ebenen errichtet, und durch mehrere Tunnel miteinander verbunden ist, hat man eine bedeutende Totenmaske aus Jade entdeckt. Da Jade im Yucatan nicht vorkommt, geht man davon aus, das die Einwohner regen Handel mit Mayakuturen aus Guatemala trieben. Wir hätten noch Stunden durch die Reste der imposanten Stadt stromern können, wäre nur die Hitze erträglicher gewesen. Uns läuft der Schweiß in Strömen vom Gesicht, den Kindern ist schwindelig und sie wünschen sich Fahrtwind im Gesicht.

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Ebenfalls der Hitze geschuldet fällt unser Bummel durch die Kolonialstadt Merida ziemlich kurz und der anschließende Besuch im klimatisierten Museum „Mundo Maya“ überlang aus. Erst als eine halbe Fußballmannschaft Museumsaufseher die sich auf dem kühlen Fliesenboden rollenden Kinder langsam Richtung Ausgang treibt, wird uns bewusst, dass es später Nachmittag ist, Zeit sich nach einem geeigneten Nachtcamp umzusehen.

 

Den finden wir an der Laguna Progreso. Zu durchdringendem Fischgeruch schlafen wir etwas verstimmt ein, wachen aber umso glücklicher auf, als sich uns zum Morgenkaffee dieser Blick bietet:

 

Flamingos halten Familienrat, Kormorane spreizen zum Trocknen die Flügel in den Wind, Pelikane ruhen sich zwischen erschöpfenden Jagdflügen aus, die Möwen umkreisen kreischend ihre Artgenossen in der Hoffnung auf leichte Beute. Der unserem Kacktank entspringende Geruch mischt sich mit dem des pinken Schlamms der Lagune. Auch wenn er uns nicht mehr so sehr quält wie noch vor einigen Tagen, ist klar, dass wir möglich bald etwas an unserer Hygienesituation ändern müssen. Zwar verfügt Roger über eine gemütliche Duschkabine mit härtegradverstellbarem Duschkopf, die Male aber, die wir sie in Mexiko  genutzt haben, kann ich an einer Hand abzählen. Wir haben zwar zwei Abwassertanks, aber nur einen Frischwassertank, der hier in Mexiko mit mühsam erkämpftem und teuer bezahltem „Agua Purificado“ gefüllt ist. Dieses Wasser zum Duschen zu verplempern bringe ich nicht übers Herz und so halten wir es seit Wochen wie alle anderen Overlander, die keine Dusche haben: Wir spritzen uns mit einer ausgedienten Spüliflasche ab. Dem groben Dreck werden wir so Herr, gut riechen allerdings würde eine erhöhte Wassermenge erfordern. Unsere Schuhe, unsere Kleidung, wahrscheinlich auch wir riechen inzwischen leicht nach Kanalratte. Sobald es die Zeit erlaubt, verkündet ein leuchtend gelbes Post-it an der Küchenschranktür, werden die Wassertanks neu aufgeteilt und der Kacktank muss aus dem Platz unter Max‘ Bett ausziehen und einen Platz unter Roger finden, wo er uns nicht mehr mit seinem Geruch belästigt.

Mexiko

2 Comments Hinterlasse einen Kommentar

  1. Das mit dem Kacken ist doch leicht dekandent. Wozu gibt es die freie Natur und wenn man das Toilettenpapier nicht liegen läßt, sondern im Hundebeutel aufsammelt und zusammenknüllt und später entsorgt ist es auch kein Problem. Tausende von Campern haben das früher auch so gemacht. Schon alles vergessen? Den Entwicklingsstand einer Nation erkennt man daran wie die Leute mit ihren Hinterlassenschaften umgehen. Nicht umsonst sprechen die Amie verschämt von Restrooms und von No No´s wenn sie Hundeköttel meinen. Wir sind auf bestem Wege dahin. Trotzdem freue ich mich jedesmal über eure Berichte. Weiter so.
    Liebe Grüße Jochen

  2. lieber Jochen,
    die Entscheidung zu einem Bordklo haben wir aufgrund unserer Erfahrungen in Afrika getroffen. Damals sind wir ohne Klo gereist, stattdessen mit Kackspaten. Solange man sich viel in freier Natur aufhält, haben wir es genauso gemacht wie Du sagst. Immer wieder allerdings wenn die Zivilisation dichter wurde, waren die nicht vorhandenen oder total verdreckten Klos eine riesige Herausforderung. Wir reisen mit vier Kindern, die wissen oft erst von einer Minute auf die nächste dass sie mal müssen. Uns erspart ein Klo viel Stress, jedenfalls wenn es nicht stinkt 🙂

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