San Blas Islands- Kuna Yala
Als Janoschs kleiner Tiger eine Bananenkiste mit dem Aufdruck Panama findet, beschließt er, dass Panama das Land seiner Träume sein muss, weil es dort überall nach Bananen riecht. Dort aber, wo Panama am allerschönsten ist, da riecht es nicht nach Bananen, sondern nach salziger Meeresluft, nach geräuchertem Fisch und Kokosnuss.

An der Nordwestküste Panamas in der Karibik liegt das Archipel San Blas, eine Kette aus 378 Inseln, die sich über 180 km bis nach Kolumbien erstrecken. Kuna Yala, wie der heutige offizielle Name der San Blas Inseln lautet, bedeutet übersetzt: Land der Kuna. Die Kuna Indianer verwalten dieses, sich über 2.300 km² erstreckende Gebiet seit 1925 autonom, bewohnen knapp 50 der 378 Inseln, alle anderen sind unbewohnt. 300.000 Kuna Indianer leben heute vor allem in Panama, Costa Rica und Kolumbien, über 30.000 von ihnen in Kuna Yala. Anders als auf vielen anderen Karibikinseln findet man im Kuna Yala Archipel nicht die Spur von Massentourismus. Die wenigen einfachen Herbergen, Restaurants oder Bars werden ausschließlich von Kunaindianern geführt, westlichen Komfort sucht man hier vergeblich. Geschlafen wird in Hängematten, gegessen wird das, was das Meer und die Inseln hergeben: vor allem Kokosnüsse und Fisch. Die Kuna sind ein stolzes Volk, pflegen ihre eigenen Regeln, Gesetze und Gebräuche. Sie sind sanfte und freundliche Menschen, achten aber darauf, dass Touristen ihre Regeln nicht brechen. So ist es in Kuna Yala verboten, ohne zu fragen eine Kokosnuss zu nehmen oder Fische zu fangen. Beachtet man dieses Verbot nicht, drohen saftige Strafen. Gut, wenn man jemanden dabei hat, der sich mit den Gesetzten der Kuna auskennt. In unserem Fall ist das Kapitän Michel. Er wird uns und acht weitere Backpacker in den nächsten 5 Tagen auf dem Katamaran Santana von Panama nach Kolumbien segeln.

Als am Nachmittag um 17 Uhr einer nach dem anderen im verabredeten Restaurant „Casa X“ im wenig hübschen Puerto Lindo eintrudelt, bin ich nervös. Allein die Taxifahrt hierher hat meinen Magen ziemlich strapaziert. Zu viert auf der Rückbank, zu zweit auf dem Beifahrersitz in einem kaum fahrtüchtigen Taxi, enge Kurven, bergauf und bergab, immer wieder fielen dem Taxifahrer die Augen zu, weil er bereits seit 10 Stunden am Lenkrad saß. Timm hatte diese Fahrt schon vor mehreren Tagen mit ihm verabredet, weil er Mitleid mit dem armen Mann hatte, der so dringend die Stoßdämpfer seines Taxis reparieren musste. Vor jedem Hubbel bremste er uns in den Stand, um vorsichtig über das Hindernis zu fahren, und dann in Sekunden wieder auf 80 km/h zu beschleunigen. Diese Fahrt, welche ihm ein kleines Vermögen einbrachte, soll in Zukunft diesen unhaltbaren Zustand ändern.

Nach dem Abendessen im „Casa X“ werden wir vom Eigner des Bootes in die Marina von Puerto Lindo gefahren, beziehen unser Quartier auf der Santana. Während sechs der Backpacker in kleinen Kabinen in den Kufen des Katamarans einziehen, hat Michel für uns und die Kinder Betten im Gemeinschaftsraum reserviert. Zunächst fühle ich mich ein wenig auf dem Präsentierteller, da Timm’s und mein Bett sich zwischen dem Esstisch und dem Steuer des Schiffes befindet, wir eigentlich zu jeder Tages- und Nachtzeit unter Beobachtung stehen. Spätestens aber, als wir uns ein paar Stunden später auf dem offenen Meer befinden, der Katamaran sich durch 3m hohe Wellen kämpft, bin ich heilfroh um diesen Platz. Es sind die letzten Ausläufer eines Unwetters, das hier die letzte Woche getobt hat und uns nun quält: Paula und ich kotzen uns die Seele aus dem Leib. Irgendwann wird es auch Timm zu viel und er hängt über der Reling. Als ich es nicht mehr schaffe, rechtzeitig an Deck zu kommen, nimmt Michel, später auch der Koch Francisco meine und Paulas vollgekotzten Papiertüten an, um sie über Bord zu werfen. Es fällt mir am nächsten Morgen etwas schwer, den beiden unter die Augen zu treten und ein wenig beschämt schrubbe ich unsere nächtlichen Eskapaden vom Deck.
Kurze Zeit später erreichen wir Kuna Yala. Während Michel mit unseren Pässen an Land zum Zoll fährt, um uns offiziell in Panama aus zu stempeln und die Kuna Steuer von 20 $US zu entrichten, frühstücken wir anderen, bzw. die anderen. Ich hänge noch ein bisschen in den Seilen. Der Himmel ist bedeckt, die Sonne kommt nicht durch- weder am Himmel, noch in meinem Kopf. Ich brauche den ganzen Tag, um mich von der schlaflosen, schaukeligen Nacht zu erholen. Die Backpacker die mit uns reisen sind ein bunter Haufen lustiger Menschen und schon in den ersten Stunden wissen wir, dass wir mit dieser Gruppe eine gute Zeit verbringen werden. Besonders die Kinder schließen schnell Freundschaft und nach kurzer Zeit folgt Max Cedric, einem Deutsch- und Französischlehrer aus Belgien auf Schritt und Tritt.


Den Tag verbringen wir vor Anker, schwimmen vom Boot auf eine Mini-Insel, wo wir im Schatten der Kokospalmen die Reste der Nacht verdauen, Volleyball spielen, lesen und einander kennenlernen. Das Meer ist spiegelglatt, und so klar, dass wir die Zeichnung der Rochen erkennen können, welche die Santana umkreisen. Der Koch Francisco zaubert uns phantastisches Essen und zu den Klängen seiner Gitarre und dem sanften Schaukeln des Katamarans schlafen wir am Abend zufrieden ein.


Die nächsten Tage wechseln wir jeden Morgen unseren Ankerplatz, bleiben dann den Tag über zwischen traumhaften Inseln vor Anker, schwimmen schnorcheln, statten den Kuna Indianern die auf den Inseln wohnen einen Besuch ab. Sie empfangen uns als ihre Gäste, Michel handelt mit Ihnen einen Preis aus, für den sie uns ihre Küchenstelle für ein BBQ nutzen lassen, uns am Abend ein Lagerfeuer bereiten und Cocos Locos servieren. Coco Loco, das ist eine frische Kokosnuss, die mit einem Loch versehen wird durch das deren Kokoswasser mit Rum „veredelt“ wird. Die letzte Woche war diese Insel überflutet, es war den Indianern nicht möglich, fischen zu gehen oder Boote vom Festland zu empfangen. In solchen Zeiten, so Michel, hungern die Kuna. Umso froher sind sie über den Reis und Kaffee, den Michel Ihnen mitgebracht hat. Alles außer Fisch und Kokosnüsse beziehen sie vom Festland, selbst Frischwasser, da die Quelle auf Ihrer Insel nur Brackwasser führt. Wir wandern über die Insel, besuchen die Großmütter, die vor ihrer Hütte Kuna- Kunsthandwerk verkaufen. Neben Perlenketten, die kunstvoll um Fuß-und Handgelenke geknüpft werden, verkaufen die Frauen vor allem Molas. Die Frauen der Kuna Indianer tragen diese kunstvollen Muster als Stickereien auf ihren Blusen, an Touristen werden sie jedoch nur als bestickte Stoffe verkauft, weil die Kuna nicht möchten, dass Fremde ihre traditionelle Kleidung tragen. Die Muster, die auf den Molas dargestellt werden, gelten als das geistige Eigentum der Kuna. Niemand, der nicht selbst ein Kuna ist, darf diese Stickereien anfertigen und verkaufen. Der Handel wir streng kontrolliert und außerhalb der Länder in denen Kuna leben, ist ein Molaerwerb nicht gestattet. Im Mai 2019 erwirkten die Kuna, dass Nike eine Sonderedition des „Air Force 1“ Schuhs noch vor der Markteinführung einstampfen musste, weil ihn Muster aus der Kuna- Tradition zierten. Auch wir erliegen der Schönheit der Stickereien und kaufen den fast hundertjährig wirkenden Damen zwei Molas ab.











Den ganzen Vormittag beäugen Carl und Max zwei kleine Jungen, die mit ihrer Familie auf dieser Insel leben. Neugierig streifen sie aneinander vorbei, werfen sich immer wieder scheue Blick zu. Auf meine Frage, ob sie nicht mal Hallo sagen wollen, entgegnet Max, dass er seine ganz eigene Strategie verfolgt. „Wenn man mit jemandem spielen möchte“, so seine Erkenntnis, „muss man immer vor dessen Nase herumlaufen und so tun, als hätte man was ganz Wichtiges zu tun“. Dunkel erinnert mich das an Timm’s frühen Eroberungsversuche und genau wie die irgendwann zum Erfolg geführt haben, springen auch unsere Jungs kurze Zeit später fröhlich mit den Kunajungs im strahleblauen Wasser herum, spielen mit dem Einbaum, kicken fröhlich einen Fußball. Einer der kleinen Jungs trägt ein Bayern-München Trikot- ohne jedoch zu wissen, was das bedeutet. Am Abend schenken sie den Jungen Kokosnüsse am Lagerfeuer, tanzen mit uns klettern auf die Spitze unserer Menschenpyramiden. Es ist eine wundervolle Begegnung und wir freuen uns darüber, wie offen die Kinder geworden sind, wie wenig Zeit sie inzwischen brauchen, um Freundschaften zu schließen. Als wir am nächsten Morgen die Anker lichten, laufen die beiden am Strand ihrer Insel entlang, winken bis wir uns nicht mehr sehen können.

Auch diese leider letzte Inselgruppe bevor wir die große 36 Stunden Überfahrt nach Kolumbien antreten, ist das reinste Paradies. Unsere Ankerstelle liegt geschützt zwischen 3 unbewohnten Inseln. Wir erschwimmen alle drei, zwischen uns Rochen und ein Ammenhai. Zwei Kuna kommen mit dem Einbaum zu uns gerudert, verkaufen Hummer, den Francisco zum Abendessen vorbereitet. Als wir bei Sonnenuntergang die Anker lichten, sind wir alle traurig, dieses Paradies verlassen zu müssen und ein wenig angespannt, die nächsten 36 Stunden kein Land mehr zu sehen. Um nicht wieder über der Reling zu hängen, nehmen wir dieses Mal alle Medikamente, die uns so träge machen, dass wir die nächsten eineinhalb Tage im Dämmerzustand verbringen. Überall auf dem Katamaran verteilt liegen wir schlafend, lesend, dösend, beobachten die fliegenden Fische, die in ganzen Schwärmen vor uns flüchten, kolibrigleich bis zu 50m über die Wasseroberfläche schwirren. Auf dem Weg ins offene Meer begleitet uns eine Delphinfamilie, springt vor dem Katamaran aus dem Wasser. Wir alle liegen bäuchlings auf dem Vorderdeck und genießen das Schauspiel.







Dieses Mal muss niemand spucken, so ganz wohl aber fühlt sich auch kaum jemand, obwohl es laut Michel die entspannteste und ruhigste Überfahrt seit langem war. Einen ganzen Tag sehen wir nichts als wogendes Wasser und Wolken, einmal um 15 Uhr ein anderes Segelboot und um 17 Uhr ein Tankschiff in weiter Ferne. Als wir am frühen Morgen der zweiten Nacht auf See am Horizont die Lichter des noch 4 Segelstunden entfernten Cartagenas erblicken, sind wir gleichermaßen froh, dass der Boden unter den Füssen bald nicht mehr schwanken wird und unglücklich über den baldigen Abschied von der Santana, Michel und Francisco, sowie von unseren neuen Freunden. Vor allem aber sind wir unendlich dankbar für dieses wundervolle Erlebnis!






Unglaublich und eindrucksvoll dein Bericht über dieses Inselleben, gefreut habe ich mich, da ich die Molas kenne und auf Kleidungsstücken, mal auf einer Messe gefunden habe,(Nebenjob) und
auf meinem Blog gezeigt habe. Nur Informationen aus dem Netz. Selbst war ich mehr in Afrika , ein wenig in der Karibik unterwegs, nun habe ich doch einiges mehr über die Kuna Indianer bei dir erfahren. und natürlich deine eindrucksvollen Bilder, da kommt Fernweh auf. Da aber hier in Europa ja eine Extremsituation herrscht, freue ich mich um so mehr virtuell zu verreisen. Was habt ihr für tolle Glückstage auf dieser Etappe.Bleibt gesund ( Corona!!!!!)
vielen Dank für Dein wieder mal so liebes Feedback.
so spannend
Seit Monaten folge ich Eurer spannenden Reise und freue mich jedes Mal, wenn in der Mailbox ein neuer Bericht ist. Vielen Dank dafür!
Vielen Dank, liebe Ute!